Spritzkuchen am Originalschauplatz
Frage: Sie heißen Björn und Birte Wiese
Warum heißt Ihr Kaffeehaus am Eberswalder Markt "Gustav"?
Antwort: Wir haben es nach dem Konditormeister und Pfefferküchler Gustav Zietemann benannt, der am 1.April 1832 fast an gleicher Stelle seine Konditorei eröffnete.
Frage: Warum so weit zurück in die Vergangenheit?
Antwort: Weil jener Gustav etwas erfunden hat, das so zu Eberswalde gehört wie die Kräne, die Würstchen und der Finowkanal: den Spritzkuchen.
Frage: Was ist das Besondere an dem Eberswalder Spritzkuchen?
Antwort: Im frühen 19. Jahrhundert als, Gustav Louis Zietemann diesen das erste Mal gebacken hat, war das Hightech, was er da ausgetüftelt hat.
Er hat sicher unzählige Versuche unternommen, bis er einen kleinen Kuchen hatte, der Volumen besitzt und trotzdem leicht ist, der in größeren Mengen hergestellt werden kann. Es waren die Anfänge der Konditorei und Kaffeehauskultur in Eberswalde. Der Spritzkuchen war etwas Besonderes, was sich sicher auch nicht jeder leisten konnte.
Wir sind sehr stolz darauf diese Tradition wieder belebt zu haben, mit allem was dazugehört.
Frage: Und ein Vermarkungsgenie war er ja wohl auch.
Antwort: Richtig. Kaum fuhr die Eisenbahn durch Eberswalde, das war seit 1842, lieferte er seine Spritzkuchen zum Bahnhofswirt. Dessen Spritzkuchenburschen“ verkauften seine Erfindung durch die Coupéfenster. Der Ruf “Eeeeberswalder Spriiiitzkuuuuuchen” war bald weithin bekannt. So waren seine Spritzkuchen bald in Berlin und Stettin buchstäblich in aller Munde. Übrigens: Im Bahnhof Eberswalde steht seit 2007 wieder ein Spritzkuchenbursche. Er besteht aus Bronze und wurde vom Eberswalder Bildhauer Eckhard Hermann geschaffen.
Frage: Und im Kaffeehaus "Gustav" kann man den original Spritzkuchen probieren?
Antwort: Selbstverständlich, denn wir sehen uns in der Tradition von Gustav Zietemann. Und dazu gehört auch, dass wir auch unsere Gäste mit anderen Kreationen überraschen.
Frage: Und das wäre?
Antwort: Der "Eberswalder Baumstamm". Wir haben ihn in einem Tortenverzeichnis Zietemanns gefunden und ihn sozusagen neu erdacht. Wir meinen, er ist das neue Süßholz der Stadt, die so viel mit Bäumen und Wald zu tun hat. Es ist ein leichtes, von Hand gerolltes Bisquit, das mit drei verschiedenen Füllungen angeboten wird.
Frage: Sind noch weitere Überraschungen aus dem Vermächtnis von Gustav Zietemann zu erwarten?
Antwort: Auf jeden Fall wollen wir, dass der Name Zietemann in Eberswalde nicht in Vergessenheit gerät. Deshalb haben wir auch Kontakt zu Nachfahren des Konditors aufgenommen. Zur Eröffnung unseres Kaffeehauses im Jahr 2009 hatten wir eine Ur-Ur Enkelin zu Besuch. Ihr Vater war der letzte Inhaber bis 1945. Seit dem pflegen wir mit der Familie einen sehr herzlichen Kontakt. Mal sehen was sich noch so alles ergibt……
Bei den Wasserbüffeln von Sonja Moor
Sonja Moor ist seit 2007 diplomierte Landwirtin. Seit über zehn Jahren betreibt sie mit ihrem Ehemann einen der noch zwei vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebe in Hirschfelde nach Demeter-Richtlinien und mit einer sehr speziellen Ausrichtung: Sie züchtet Wasserbüffel und Galloway-Rinder. In einem früheren Leben hat Sonja Moor für das Fernsehen Filme produziert. In jenem Leben war sie erst Österreicherin, dann Schweizerin. In ihrem jetzigen Leben ist sie Brandenburgerin. Sie denkt lokalpatriotisch. Denn sie findet es widersinnig, wenn lebende Tiere über hunderte Kilometer zum Schlachten gefahren werden, um dann als vakuumverpacktes Fleisch wieder zurückzukommen. Und sie will sich nicht damit abfinden, dass sich Viehzucht und Fleischverarbeitung in der Region nicht mehr lohnen. Sie hat viele Ideen und sie engagiert sich, zum Beispiel für die Vermarktung unter dem Label "regional und fair". Unsere Unterhaltung findet im Anschluss an eine Fütterung von zwei Kälbern statt. Das eine ein Galloway- das andere ein Wasserbüffel-Kalb. Beide sind drei Monate alt, und die Umstände wollten es, dass Sonja Moor jetzt die Mutter ersetzen muss.
Frage: Wie viel Liter Milch bekommen die beiden täglich?
Antwort: Neun Liter pro Tag, eine Hälfte am Morgen, die andere am Nachmittag. Und wehe, ich bin unpünktlich...
Frage: Bekommen beide die gleiche Milch? Woher stammt sie?
Antwort: Das Wasserbüffelkalb bekommt eine fettere Milch. Sie stammt vom Ökodorf Brodowin.
Frage: Sind Wasserbüffel nicht tropische Temperaturen gewöhnt, wie vertragen sie die hiesigen Winter?
Antwort: Man kennt Wasserbüffel vor allem von Bildern aus Südostasien. Dabei wird vergessen, dass diese Tiere schon seit über 200 Jahren in Europa heimisch sind. In Norditalien zum Beispiel. Und dort können die Winter auch hart werden. Wasserbüffel vertragen problemlos unsere winterlichen Temperaturen, wenn sie einen großzügigen, mit Stroh eingestreuten Offenstall haben und genug Heu und Trinkwasser.
Frage: Und wie vertragen sich Galloway-Rinder mit Wasserbüffeln?
Antwort: Wie man sieht, leben sie hier auf der Weide sehr friedlich miteinander. Da ihr Futter zum Teil unterschiedlich ist - Wasserbüffel vertragen Schilf und nährstoffärmeres Gras, das für Rinder unverdaulich ist - gibt es keinen Futterneid. Auch die Gefahr unerwünschter Kreuzung gibt es nicht, da die Genetik nicht identisch ist.
Frage: Was hat Sie dazu gebracht, gerade diese Tiere zu züchten?
Antwort: Wer eine Alternative zur Massentierhaltung sucht, stößt irgendwann auf diese anspruchslosen und nicht überzüchteten Arten. Man darf sie nur nicht einseitig als Fleischlieferant sehen. Die Muttertiere können bei uns 15 bis 20 Jahre leben und sich nützlich machen. Das ist im Durchschnitt viermal länger als in einer Mastanlage.
Frage: Und wie machen sich Wasserbüffel nützlich?
Antwort: Vor allem als Landschaftspfleger. Unsere Tiere kommen dort zum Einsatz, wo schützenswerte Habitate, die das Licht suchen, eine offene Landschaft brauchen. Auch das Programm zur Renaturierung von Feuchtgebieten braucht Helfer wie unsere Wasserbüffel. Sie sorgen auf natürliche Weise dafür, dass das Gelände weder verlandet, noch zuwachsen kann, und dass so der Artenreichtum erhalten bleibt. Die Wasserbüffel kümmern sich um die feuchteren Böden, die Galloway-Rinder um die trockneren. Da die Bedingungen überall unterschiedlich sind, müssen wir für jeden Ort genau die richtige Kombination ermitteln.
Frage: Wo kommen sie beispielsweise zum Einsatz?
Antwort: In den Sommermonaten leihen wir unsere Tiere aus. Man kann sie dann auf der Pfaueninsel sehen. Dort "mähen" sie in der Nähe der Meierei feuchte Wiesen, in die jeder Traktor tief einsinken würde. Außerdem erinnern sie an die Zeiten von Königin Luise, als schon damals Wasserbüffel dort grasten. Hier ganz in der Nähe, im Gamengrund, sind sie auf Flächen eingesetzt, die wiedervernässt werden sollen. Hier sorgen sie dafür, dass die Natur bei solchen Eingriffen nicht aus dem Gleichgewicht gerät.
Frage: Sind die Wasserbüffel gefährlich für Spaziergänger, wenn sie ihnen begegnen?
Antwort: Es gibt kaum friedlichere Tiere als Wasserbüffel. Wenn sie auf einen unbekannten Menschen zugehen, dann tun sie es aus Neugier. Ist ihnen der Mensch bekannt, kommen sie häufig zur Begrüßung, wenn sie keinen Kontakt wollen, ziehen sie sich zurück.
Frage: Welchen Nutzen bringen sie noch?
Antwort: Denken Sie an die Milch und den begehrten Mozzarella-Käse.
Frage: Büffelfleisch gehört aber auch zu den besonderen Delikatessen....
Antwort: Durchaus. Durch die Freilandhaltung wachsen die Tiere langsam heran. Das Fleisch wird damit sehr zart und hat eine aromatische Note. Gegenüber dem üblichen Rindfleisch besitzt es nur einen halb so hohen Fett- und Cholesteringehalt, trägt aber doppelt so viele Vitamine und Mineralstoffe. In unserem Hofladen in Hirschfelde kann man Büffelsalami, frische Bratwurst, Bock und Wiener kaufen. Wir bieten auch leckere Fertiggerichte im Weck-Glas an, z.B. Wiener Gulasch, Braten à la Moor, Sauce Bolognese etc. Alle vier Wochen ist frisches Fleisch in den bekannten Teilstücken erhältlich. So kann es jeder selbst ausprobieren. Außerdem liegt hier ein kleines Heft bereit, in dem Rezepte für Büffel-Fleisch gesammelt sind. Die gelingen garantiert.
Frage: Welche Tiere werden geschlachtet?
Antwort: Die Bullen, wenn sie drei Jahre alt sind. Da ein Bulle für zwanzig Kühe ausreicht, entsteht ein gewisser Überschuss. Unausgelastete Bullen würden einige Aufregung verursachen. Die Tiere werden hier auf der Weide geschossen, ohne dass sie Stress erleben. Sie werden dann hier in der Umgebung verarbeitet.
Frage: Muss ich nach Hirschfelde kommen, um das Fleisch kaufen zu können?
Antwort: Die bekannten Bio-Läden in Berlin und im Barnim bieten es auch an. Sie finden sie aufgelistet auf unserer Internet-Seite
http://www.sonja-moor-landbau.de.
Frage: Letzte Frage: Finden die Tiere auch unter dem Schnee Futter?
Antwort: Sie finden immer Futter. Gerade das Gras, das einen Frost abbekommen hat, schmeckt besonders süß. Das mögen sie. Ab Dezember verfüttern wir dann das Heu und Stroh, das wir im Sommer geborgen haben.
Frischer Joghurt aus Lobetal
Bei der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal hat die Landwirtschaft eine über 100jährige Tradition. In Lobetal, Dreibrück, Blütenberg und Reichenwalde arbeiten stiftungseigene landwirtschaftliche Betriebe. Gemeinsam bewirtschaften sie 662 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. In ihren Ställen in Lobetal und Dreibrück stehen 210 Milchkühe und 150 weibliche Jungrinder. Das Besondere dieser Agrarbetriebe: Hier arbeiten behinderte und nicht behinderte Menschen zusammen und alle vier Betriebe sind seit 2008 Mitglied im Naturland-Verband, der sich weltweit für ökologische und nachhaltige Lebensmittelproduktion stark macht. Die Milch aus diesen Betrieben landet frisch in der Molkerei der Hoffnungstaler Werkstätten. Was dort aus ihr entsteht, verrät Bereichsleiter Michael Kuper.
Frage: Was unterscheidet die Lobetaler Bio- Molkerei in von anderen?
Antwort: Unsere modernen Anlagen aus Edelstahl gleichen denen anderer großer Molkereien. Wir unterscheiden uns jedoch wesentlich in der Menge der verarbeiteten Milch, in der ausschließlichen Verarbeitung von Bio-Produkten und dem großen Grad an Handarbeit bei der Verpackung unserer Produkte. Denn diese Arbeit übernehmen bei uns 20 Menschen mit Behinderung. Die fachliche Arbeit der Milchverarbeitung übernehmen 5 Molkereifacharbeiter. Wir sind stolz auf unsere Belegschaft.
Frage: Was entsteht aus der Milch?
Antwort: In unserer Molkerei wird die Lobetaler Milch pasteurisiert und zu Sahne, Joghurt, saurer Sahne, Ayran und dem Lobetaler, einem milden Weichkäse, verarbeitet.
Frage: Wie kommen Ihre Produkte in die Läden?
Antwort: Der Bio-Fachhandel beliefert die Naturkostläden und der traditionelle Großhandel Märkte wie Edeka, Reichelt oder REWE. Somit können in der gesamten Region Berlin / Brandenburg von unseren Kunden gefunden werden. Das macht unseren Anspruch an Regionalität und Nachhaltigkeit aus: Anspruchsvolle Beschäftigung von Menschen mit Behinderung aus der ländlichen Region, geringe Transportwege für Milch und Produkt, Nähe zum Kunden.
Frage: Am bekanntesten ist ja wohl der Naturjoghurt aus Lobetal?
Antwort: Ja, den der Naturjoghurt ist für mich das leckerste und ursprünglichste Produkt. Je weniger Zusätze in einem Produkt sind, desto besser. Der ist cremig-mild und schmeckt leicht säuerlich. Wir bieten ihn mit 3,7 % und 1,5 % Fett und sowohl im 150-g- als auch im 500-g-Becher an.
Frage: Und wenn jemand den
Morgenjoghurt lieber mit Früchten mag?
Antwort: Dann kann er bei uns zwischen verschiedenen Geschmacksrichtungen wählen. Am liebsten kaufen die Kunden unseren Mango-Vanille-Joghurt. Wer sich für Erdbeere und schwarze Johannisbeere entscheidet, kann sicher sein, dass auch hier nur Früchte aus Norddeutschland verarbeitet werden.
Frage: Und welcher Geschmack steckt im "Naturschutzbecher"?
Antwort: Im "Naturschutzbecher" befindet sich unser Naturjoghurt mit 3,7% Fettgehalt. Den Becher stellen wir in den Dienst des Naturschutzes: Ab Januar 2014 empfehlen wir monatlich auf der Platine einen Ausflug in den Naturpark Barnim zu einem speziellen Naturschutzprojekt. Eine genauere Beschreibung dazu finden die Kunden dann auf www. naturschutzbecher.de. Konkrete Naturschutzprojekte haben wir mit unseren Bechern schon unterstützt: eine Waldweide mit wilden Pferden bei Hobrechtsfelde, Fischtreppen am Nonnenfließ der der Moorschutz im Rabenluch. Übrigens ist der Becher selbst ein Stück Naturschutz. Er besteht aus 50 Prozent natürlich vorkommendem Talkum. Somit wird nur die Hälfte des Kunststoffs verbraucht, der in herkömmlichen Bechern steckt. Das heißt, 30% weniger CO²-Ausstoß.
Frage: Gibt es noch Handarbeit in der Molkerei?
Antwort: Während die Joghurtproduktion von der Annahme der Rohmilch bis zum Versiegeln der gefüllten Becher in einem geschlossenen System erfolgt, ist in unserer Käserei jeder Arbeitsschritt Handarbeit. Unsere
Mitarbeiter bringen die
jungen Käse ins Salzbad und in die Reiferäume, pflegen und verpacken sie. Das erfordert nicht nur Kraft, sondern auch Fingerspitzengefühl.
Frage: Experimentieren Sie auch mit neuen Produkten?
Antwort: Für viele mag Ayran etwas Neues sein. Das ist ein Getränk aus Joghurt, Wasser und Salz. In der Türkei wird es traditionell einem Gast gereicht. Es kurbelt den Stoffwechsel an und bietet dem Körper wichtige Nährstoffe. Außerdem ist es außerordentlich erfrischend. Ab 2014 werden wir im Frühjahr und Herbst jeweils für kurze Zeit zwei Saisonfrüchte auf den Markt bringen. Für das Frühjahr denken wir an eine Aprikose, im Herbst wird es etwas mit Nüssen sein. Mal sehen, wir probieren noch!
Frage: Kann man die Lobetaler Bio-Produkte direkt in der Molkerei kaufen?
Antwort: In der Nähe des Bahnhofes von Biesenthal steht unsere Lobetaler Bio-Molkerei mit ihrem Milchladen, der durch große Scheiben Einblick in die Produktion gibt. Hier sind all unsere Produkte frisch abgefüllt, an- oder aufgeschnitten zu haben. Etwas Besonderes ist unsere „Joghurt-Bar“, wo man die nur hier erhältliche „Mischphase“ kaufen kann. Diese ist der Teil Joghurt, der bei einer Fruchtumstellung „abfällt“. Hier kann man sich auch unsere nicht homogenisierte Lobetaler Frischmilch zapfen.
Denkwürdigkeiten
1. Havelland
Das Lager von Reckahn
Wir schreiben das Jahr 1741. Im fernen Schlesien eilt der junge Preußenkönig Friedrich II. von Sieg zu Sieg, während mitten in der Mark Brandenburg, nur einen Tagesritt von Berlin entfernt, Bauern schrecklich unter militärischer Besetzung leiden. Es sind aber keine feindlichen Heere, die zwischen Reckahn und Göttin alles verwüsten, sondern die eigenen preußischen Truppen. Bis zu 42.000 Mann wurden in ein Heerlager zusammengetrieben, um den in Schlesien kämpfenden Truppen den Rücken freizuhalten gegen Angriffe aus Sachsen (die Grenze war sehr nahe), Hannover oder Frankreich. Später hat man errechnet, was solch eine Truppenzusammenballung täglich (!) mindestens benötigt: 80.000 Pfund Brot, 40 Tonnen Gemüse, 10 bis 20 Rinder, 40.000 Liter Bier oder Wein und für die 16.500 Pferde wurden 36 Tonnen Futter benötigt. Und die Bauern der umliegenden Dörfer hatten das aufzubringen. Doch damit nicht genug die sich langweilenden Soldaten verwüsteten Felder, zerstörten Schutzmauern gegen den Flugsand, vernichteten Wasseranlagen für Mühlen, verursachten Feuersbrünste. Schließlich brach im Lager auch noch die Ruhr aus. Das Schloss derer von Rochow in Reckahn wurde als Kommandozentrale konfisziert. Oberster Feldherr des Heerlagers war Hans Heinrich Graf von Katte, der Vater des 1730 hingerichteten Freundes von Friedrich II. Er starb auf Schloss Reckahn am 31. Mai 1741. Die Bemühungen von Friedrich Wilhelm von Rochow, dem damalige Herr von Reckahn, um Entschädigung blieben weitgehend fruchtlos. Jahrzehnte hat es gedauert, bis die Wunden rund um Reckahn geheilt waren. Eine 1790 errichtete Pyramide soll an diesen Krieg im eigenen Land erinnern. Ein militärischer Traditionsverband nutzt die Pyramide allerdings auch, um an die Gründung des Regiments der Schwarzen Husaren während dieses Feldlagers zu erinnern.
Zwei legendäre Brandenburger Herren
Johann Friedrich Andreas „Fritze“ Bollmann und Dr. Müller-Lüdenscheid sind zwei Herren, denen man bei einem Besuch in Brandenburg an der Havel unbedingt seine Aufwartung machen muss. Dabei sind beide noch nicht einmal in Brandenburg an der Havel geboren. Der eine kam in Magdeburg zur Welt, der andere im Haus eines Humoristen am Starnberger See. Was verbindet beide mit Brandenburg an der Havel?
Herr Dr. Müller-Lüdenscheid, Fernsehzuschauern allgemein bekannt, wäre niemals in einer Hotelbadewanne vor laufender Kamera in einen intellektuellen Disput mit einem etwas schusseligen Herren über den Verbleib einer Quietscheente verwickelt worden, wäre nicht am 10. 11. 1923 in Brandenburg an der Havel ein Bernhard-Victor Christoph Carl von Bülow – er selbst nannte sich später kurz „Loriot“ – geboren worden. Dieser meist auf einem Sofa sitzende und dabei schelmisch lächelnde Mann hat seinen Lebenssinn darin gesehen, anderen, durchaus ernsthafteren Männern mit Knollennase und einem Mops an der Leine per Zeichenstift zum Leben zu verhelfen. Nicht jeder mag verstehen, dass die große Mehrheit der Deutschen das noch immer sehr komisch findet. Die Verbindung der Stadt zu Loriot – seit 1993 ist er Ehrenbürger von Brandenburg an der Havel – ist auch nach 2011 nicht abgerissen, als er sich aufmachte, den Olymp der Komiker zum Lachen zu bringen.
Herr Dr. Müller-Lüdenscheid jedenfalls sitzt nun aus Holz geschnitzt auf einer Bank gegenüber dem Brandenburger Roland und wacht darüber, dass der nicht unaufgefordert in seine Badewanne steigt. Wer mag, kann sich daneben setzen und Herrn Dr. Müller-Lüdenscheid beim Aufpassen helfen.
Richtig traurig erginges Fritze Bollmann, den Brandenburger Barbier und unfreiwilligen Helden einer Moritat, die vor dem Ersten Weltkrieg ein von Leierkastenmännern gern gesungener Gassenhauer war. Im Gegensatz zu Herrn Dr. Müller-Lüdenscheid hat es Bollmann wirklich gegeben. Er wurde 1852 geboren und starb verarmt 1901 im Brandenburger Städtischen Krankenhaus. Eigentlich war Bollmann ein ehrenwerter Herr: Er heiratete eine Frau mit einem Kind und beide fügten dem Eheglück zehn weitere hinzu. Er musste hart arbeiten und genehmigte sich, wenn es zu schwer für ihn wurde, einen Tropfen zum Trost. Wahr ist, dass er im Zustand verminderten Gleichgewichts beim Angeln ins Wasser fiel. Was aber Brandenburger Gelegenheitsdichter daraus machten, war schlicht eine Gemeinheit. Als die von Kindern gern gehänselte Witzfigur, wurde er im Spottlied drastisch auch noch in den Tod geschickt. Kinder sollen die ersten Strophen gereimt und ihm hinterhergerufen haben, und der Kaufmann Friedrich Hollerbaum soll geschäftstüchtig Postkarten mit dem von ihm erweiterten Text verkauft haben. Die zweite Strophe handelt auf dem nahen Beetzsee und lautet:
Fritze Bollmann wollte angeln,
doch die Angel fiel ihm rin,
Fritze wollt se’ wieder langen,
doch da fiel er selber rin
Wie war das eigentlich damals......auf der B 5
Die heutige Bundesstraße B5 führt von der dänischen Grenze im Norden Schleswig-Holsteins durch Hamburg und Berlin zur polnischen Grenze nach Frankfurt (Oder). In den Jahren 1949 bis 1982 war sie Transitstrecke zwischen West-Berlin nach Hamburg auf dem Gebiet der DDR. Rund 50 Kilometer der Strecke führen durch das Havelland: vom Grenzübergang Berlin-Staaken bis kurz hinter Friesack. An die heute vorhandenen Schnellfahrstrecken und Ortsumgehungen war damals nicht zu denken. So erreichte die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der engen Straße kaum mehr als 60 km/h. Nicht viel langsamer waren die Fahrradfahrer. Dann da die B5 die einzige Transit-Landstraße war, konnte man in der warmen Jahreszeit Radler beobachten, die die 220 Kilometer zwischen Berlin und Hamburg zwischen Sonnenauf- und -untergang schaffen mussten. Als Ende 1982 die Autobahnverbindungen zwischen Berlin und Hamburg für den Verkehr freigegeben wurde, war es Schluss mit den Transit-Radfahrten und mancher Ort im Havelland hatte wieder seine Ruhe.
Wie war das mit der Schmapsbrennerei?
Nur wenige Jahre nachdem 1817 Johann Pistorius einen dreistufigen Brennapparat erfunden hatte, mit dem man in großen Mengen Kartoffeln in Branntwein verwandeln konnte, war Preußen Weltmarktführer in der Spritherstellung. Wie auch in Ribbeck entstanden überall im Lande Schnapsfabriken. 15 Jahre nach der grandiosen Erfindung gab es in der Provinz Brandenburg bereits 1.400 Brennereien. Aus Gutsherren wurden Fabrikanten und aus der Arme-Leute-Kartoffel wurde ein begehrter Rohstoff. Das erst war der Zeitpunkt, als die Kartoffel, von Friedrich dem Großen noch mühevoll dem Volk schmackhaft gemacht, ihren Siegeszug über die Äcker der Mark Brandenburg antrat. Und noch ein Nebeneffekt trat ein: Mit den Rückständen der Spritbrennerei konnten im großen Stil Schweine gemästet werden. Womit in Berlin das Schnitzel bald wohlfeil zu haben war.